Altkoreanisch (koreanisch 고대 한국어 Kodae han'gugŏ oder 고대국어 Kodae Kugŏ) ist die älteste schriftlich attestierte Sprachstufe des Koreanischen und wird in die Zeit der Drei Reiche und die des Vereinten-Silla Reiches (668 bis 935) periodisiert.
Chronologische Einordnung
Grob bezieht sich das Altkoreanische auf die Sprache, die aus dem Vereinten-Silla überliefert ist. Alternativ wird der Begriff um die Kategorisierung des Spätaltkoreanischem auf das 12. Jahrhundert erweitert. Als Grund hierfür werden die Ähnlichkeiten literarischer Gewandtheiten zwischen dem späten Silla mit dem frühen Goryeo aufgeführt. Das 5. Jahrhundert wird als untere Zeitspanne deklariert, jedoch steht nicht fest, ob es sich bei der Gwanggaeto-Stele aus dem Jahr 414 um einen in Idu oder einen im klassischem Chinesisch verfassten Text handelt. Die Jungwon Goguryeo-Stele (Hangul: 중원 고구려비; Hanja: 忠州高句麗碑) stellt die erste eindeutig als Altkoreanisch identifizierbare Volltextüberliefefung dar. Sie wurde in der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts nach der Eroberung Zentralkoreas durch Goguryeo errichtet. In älteren Quellen lassen sich Ortsnamen und von ihnen herleitbare Lexeme vorfinden, jedoch sind diese meist nicht ausschlaggebend über deren linguistische Zuordnung.
Schriftsystem
Vor der Erfindung von Hangeul wurde Koreanisch mithilfe von unterschiedlichen verschiedenen Schriftsystemen überliefert. Die Verwendung chinesischer Zeichen um koreanische Texte zu schreiben wird als chaja bezeichnet und erscheint in Form von einem der Schriftsysteme Idu, Gugyeol and Hyangchal.
Idu
Idu-Texte sind erkennbar durch ihre koreanische SOV Syntax und die festgelegten Zuordnung von bestimmten Zeichen zu koreanischen Flexionsmorphemen. Zeichen werden anhand ihrer semantischen Deutung (hun, 訓) gelesen, statt ihrem phonetischen Inhalt (eum, 音). Beispielsweise wird 節, das 'wann' bedeutet, als das mittelkoreanische Wort tìGwúy 'Zeit' gelesen und 以 repräsentiert das funktional zieldeutende Suffixmorphem úlwó (으로). Idu wurde bis in das 19. Jahrhundert weiterverwendet und ist das am längsten verwendete und bekannteste der drei Schriftsysteme.
Ausschnitt aus Yangjamgyeongheom Chwalyo 養蠶經驗撮要 (양잠경험촬요), Jahr 1415 mit Interlinearglossierung:
蠶段 陽物是乎等用良 水氣乙 厭却 桑葉叱分 喫破爲遣 飮水不冬
Seidenraupe-TOP 陽物 (Sonne/Yang.Wesen)-NOM-und-LOC Wasser-Dampf-ACC nicht mögen-CONN Maulbeerblatt-NUR essen-INF-tun Wasser-trinken-NEG-DECL
Die Flexionsmorpheme sind hier in fett gedruckt.
Gugyeol
Gugyeol ist ein System um chinesische Texte mit Interlinearglossierungen zu versehen. Die Annotationen dienten zur Verbesserung des Kontextverständnisses, vor allem von buddhistischen Sutras, konnten trotzdem auch als koreanischer Volltext gelesen werden. Es machte Gebrauch von einem komplexen System von Symbolen, Linien und Punkten um morphosyntaktische Informationen an den koreanischen Leser zu übermitteln. Solche morphosyntaktischen Glossierungen enthalten unter anderem Inversionsglosse (yeokto 逆吐), die die Wortstellung in der koreanischen Version vorgeben und Punktglosse (jeomto 點吐), die funktionelle Morpheme bestimmen, ohne auf sie direkt mit Laut oder Bedeutung hinzudeuten.
Im annotierten Originaltext drückt ein einzelner Punkt in der mittig-unteren Position auf der linken Seite außerhalb von 生 den the Akkusativpartikel /ɨr/ (eul) aus. Dies zeigt, dass 一切衆生 es kontextgemäß ein/das Objekt ist. Ein einzelner Punkt am oberen-linken Rand von 能 drückt -/ti/ aus und zeigt, dass 能 als das Adverb 能-ti interpretiert wird. Drei Punkte bilden ein Cluster bei 業. Der Punkt auf der mittig-unteren Position auf der linken Seite außerhalb drückt das akkusative -/ɨr/ aus. Das zeigt, dass 諸障閼業 als ein Objekt gelesen wird. Ein Punkt unterhalb eines Striches an der mittleren Position auf der rechten Seite außerhalb von 業 ist das to-Partikel, welches das kausative -/həi/ ausdrückt. Dies sollte der Verwendung von 令 im chinesischen Original entsprechen, stattdessen dient das to als Suffix zu 除滅. Ein Punkt unten-links von 業 drückt -/miǝ/ aus, ein Suffix-Bindeglied der zwei Satzteile verbindet. Es gibt viele weitere Punkt-Glosse die bis heute nicht entschlüsselt sind.
Die japanische Interlinearglossierung kunten war nominell ähnlich, ist aber deutlich weniger komplex oder systematisch als Gugyeol von welchem er wahrscheinlich zunächst beeinflusst wurde.
Hyangchal
Während der Silla und Goryeo-Zeit wurden Volkslieder und Gedichte genannt Hyangga mit dem Schriftsystem Hyangchal verfasst.
Grammatik und Syntax
Die altkoreanische Grammatik scheint weitgehend identisch zu ihrem Nachfolger gewesen zu sein.
Weitere Affixe:
Das Idu 遣 (-ko) entspricht der Verbalkonjugation -고 (-ko), der phonetische Wert unterscheidet sich jedoch stark von einer möglichen Rekonstruktion.
Phonologie
Die Phonologie ist weitgehend identisch zu ihrem mittelkoreanischen Nachfolger.
Vokale
Das Vokal /i/ stellt aufgrund der mittelkoreanischen Vokalharmonie einen eigenartigen Fall dar, daher wird vermutet, dass es sich bei dem Diphthongㅕ/jʌ/ um einen Nachfolger eines früheren Vokals handelt. Eventuell lässt er sich als /e/ rekonstruieren, als ein neutraler Gegenpart zum ebenfalls koronalen /i/.
Konsonanten
Es ist umstritten ob Altkoreanisch die Aspirate /kʰ/, /tʰ/, /pʰ/, and /t͡sʰ/ oder nur die Plosive und Affrikate /p/ /t/ /k/ /c/ besaß. Mittelkoreanische Konsonantencluster ergaben sich durch die Eliminierung von Vokalen, insbesondere die der „minimalen“ Vokalen /ɨ/ und /ʌ/.
Textbeispiel
Die Hyangga Wonwangsaengga (願往生歌) ist ein Gedicht aus dem 7. Jahrhundert.
Einige Wörter bei welchen eventuell nur die Bedeutung wiedergegeben wurde, oder einen Eigennamen darstellen, wurden nicht rekonstruiert.
Siehe auch
- Koreanische Sprache
Literatur
- Ki-Moon Lee, S. Robert Ramsey: A History of the Korean Language. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-66189-8.
- John Whitman: Old Korean. In: The Handbook of Korean Linguistics. 1. Auflage. Wiley, 2015, ISBN 978-1-118-35491-9, S. 419–438.
- Pung-hyun Nam: Old Korean. In: The Languages of Japan and Korea (= Routledge Language Family Series). 1. Auflage. Routledge, Abingdon 2012, ISBN 978-0-415-46287-7, S. 41–72.
Weblinks
Einzelnachweise




